Kaib amtekes nane 1

Empfang und offizielle Begrüßung in Amanuban 1

In Amanuban ist es üblich, Gäste, die an Festen, offiziellen Zeremonien oder traditionellen Ritualen teilnehmen, zu ehren, indem sie mit einer formellen Rede begrüßt und empfangen werden. Besonders begrüßt und empfangen werden bedeutet auch, in den Kreis der Teilnehmer einer formellen Situation integriert, an der Interaktion beteiligt zu werden.

Am 21. Dezember 1991 empfingen meine Gastgeber in Mnela Bubun meine Begleiter und mich an ihrem Hoftor (toi), dem Eingang zu ihrem Gehöft. Die offizielle Begrüßung (tok amnemat) 2 zu ihrer Weihnachtsfeier fand außerhalb statt, wie auch für ähnliche Feste oder Rituale üblich. Während der ersten formellen Begrüßung wurde Betel (mamat) ausgetauscht, der in geflochtenen Körben (kabin) überreicht wurde. In weniger offiziellen Situationen, insbesondere auf Reisen, reichen für diese Zeremonie auch andere Unterlagen wie ein ok tuke oder tiba. Beides sind portable Köcher, in denen Betel transportiert, überreicht und aufbewahrt wird- In formellen Situationen gilt es in Amanuban als respektlos, mit der nackten Hand zu überreichen. Die Dinge brauchen eine Unterlage. 3
Während der einleitenden Begrüßung werden wir aufgefordert, einzutreten und uns unter dem Lopo zu versammeln. Unmittelbar nach unserem Eintreffen beginnt der Sprecher der Gastgeber (atonis), Cornelis Be`is, seinem Vortrag in ritualisierter Rede (natoni), mit dem die Gäste begrüßt und geehrt werden sollen.

Kaib amtekes nane – Cornelis Be`is Rede 4

1 Kan tok-tokot ai` kan ta`-ta`at 5
– Tidak secara diam-diam saja
– Nicht rastend und [auch] nicht still und heimlich
2 Hai ama 6 anao neman
– Bapak kami jalan datang
– Bist Du [zu uns] gekommen
3 Man tel nem neu ne hai pukan
– Dan injak datang di kami punya kumpulan
– Und besuchst uns in unserer Gruppe
4 Ai` hai Rayon Mnela Bubun
– Atau kami punya rayon Mnela Bubun
– In unserem Rayon Mnela Bubun
5 He nokan malin nokaim bin tabu i ai` ne fai i
– Supaya ikut turut senang kami di saat ini atau malam ini
– Damit du teilnimmst und [dich mit] uns freust, zu dieser Zeit und in dieser Nacht
6 Natuin kun lekat Uis Neno
– Tetapi karena sesuai dengan petunjuk Tuhan
– Denn gemäß der Weisung Gottes
7 Le` nane in an mone
– Yang itu mempunyai anak laki-laki
– Der einen Sohn hat
8 Nao natuin Bi Maria bi fe ao teme 7
– Jalan melalui Si Maria perempuan perawan
– [Der zu uns] gekommen [ist] durch Maria, die Frau, mit dem unversehrten Leib
9 Es nahoinsan bi kuan Betlehem
– Yang melahirkan di kota Betlehem
– Der in der Stadt Betlehem geboren wurde
10 Talantia mabe i hai ama nasaitan
– Sehingga malam ini bapak kami yang meninggalkan
– Sodass Du in dieser Nacht verlassen hast
11 In bale ai` in sonaf ma ume
– Tempatnya, istananya atau rumahnya
– Deine Wohnung, deinen Palast und dein Haus
12 Tabu i nokai
– Waktu ini bersama dengan kami
– [Und bist] in dieser Zeit mit uns zusammen
13 Haim bi pukan Mnela Bubun i
– Kami di kumpulan Mnela Bubun di sini
– Wir versammeln [uns] im Rayon Mnela Bubun
14 Malin nokai
– Berbahagia bersama dengan kami
– Erfreust [dich] zusammen mit uns
15 Hai ta malin
– Kami juga senang
– [Sodass] auch wir [uns] freuen
16 In neman nokaim nbi tabu fai i
– Dia datang pada kami di waktu malam ini
– [Denn] Er kommt zu uns in dieser Nacht
17 Talantia hai mimnau lasi nek mese
– Sehingga kami mengingat perkara rasa persatuan
– Sodass wir uns erinnern, dass wir eins sind
18 Maski kan humbon ma kan namasfam sat 8
– Walaupun tidak punyai wajah dan tidak indah pun juga
– Obwohl [wir] kein Ansehen besitzen und auch keine Pracht
19 In nek nis kaim
– Dia menyayangi sekali pada kami
– Schätzt er uns so sehr
20 Es nokai man be` nokai
– Sehingga bersama-sama dengan kami dan mete bersama dengan kami
– Dass er zusammen mit uns ist, [zusammen] mit uns diese Nacht durchwacht
21 Hai ka mui`fa nek sa`-sa`
– Kami tidak mempunyai pikiran apa-apa
– Wir denken an nichts Besonderes dabei
22 Maski puah pis-pis es ma manus tuk-tuk es 9
– Meskipun hanya sebelah pinang dan sepotong sirih
– Doch eine kleine Scheibe Pinangnuss und ein kleines Stück Betelpfeffer
23 Fain on bukti ontaka neu in le`
– Sebagai bukti seperti yang ini
– Ist wie ein Beweis
24 In nek nain kit nbi tabu fai
– Dia memberikan kepada kita semua di waktu malam ini
– Den du uns allen heute Nacht bringst

Während Cornelis Be`is seine Rede hält, kniet eine Frau vor uns und reicht uns mit über ihre Schultern erhobenen Hände ein Kabin, das sie mit einem geflochtenen Deckel (tobe) stützt. In diesem Kabin befindet sich als sichtbares Zeichen des Willkommens10, je nach Status des Gastes, eines der großen, ikatgemusterten Hüfttücher (mau pinaf), eine Schärpe (mau ana`) oder ein mit Betel gefüllter Korb (oko mama). Mir als besonderem Gast an dieser Weihnachtsfeier überreicht man Betel und einen mau ana`.
Erst nachdem wir begrüßt wurden, unsere Erwiderung angenommen ist,11 wird Betel ausgetauscht und gemeinsam gegessen (mam puah manus). Entweder bietet der Hausherr (uem tuaf) selbst dem Gast den Betel an oder lässt dies durch eine verwandte Frau oder eins seiner Kinder tun. Die Gäste erwidern diese Geste und legen nun selbst Betel aus ihrem ok tuke (oder ihrer tiba) in das entgegengehaltene Oko Mama.12
Ist Betel überreicht und gegessen, gehen wir zum eigentlichen Zweck unseres Treffens über.

Meine Begrüßung durch den Penatua Cornelis Be`is fand zu Beginn der Weihnachtsfeier des Rayon Mnela Bubun, Rukun Wilayah Eno Kiu, Amanuban Tengah, statt. Der Anlass der Versammlung des Rayon war ein christlicher. Meine Begrüßung gestaltete der Penatua in dieser Atmosphäre, die rituelle Rede formulierte er entsprechend und passt sie an die besondere Situation an. In Amanuban war es inzwischen allgemein bekannt, dass ich über diesen Gegenstand forschte, sodass auch Cornelis Be`is einen Beitrag leisten wollte.
Cornelis Be`is ist kein Dichter-Sprecher (atonis). Er ist auch nicht der offizielle Sprecher eines der traditionellen politischen Funktionsträger (mafefa, einen Mund haben). Er ist Autodidakt was rituelles Sprechen anbelangt. Trotzdem orientierte er die Struktur seiner Begrüßung an der rituellen Rede (tonis) der Atoin Meto. Spricht rituell, natoni, woher er auch verschiedene parallele Paare bezieht, die er vom Hörensagen kennt. Der Inhalt seiner Begrüßung ist ganz auf das christliche Umfeld der Veranstaltung bezogen (Vers 6 bis 9). Meine Teilnahme an der Weihnachtsfeier würdigt er in den Versen 2 und 5 sowie 10 und 20, stellt diese als eine besondere Ehrung heraus, denen sich die Gastgeber bewusst sind.

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